Neben den Regeln des vierten Abschnitts zu Übernahmeangeboten bildet der fünfte Abschnitt das Kernstück des Gesetzes. Er enthält die Vorschriften, die anzuwenden sind, wenn ein Bieter die Kontrolle über eine Zielgesellschaft auf anderem Wege als durch ein öffentliches Übernahmeangebot erlangt. Die wichtigste Pflicht, die den Bieter dann trifft, ist die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Aktienerwerbsangebots nach § 35 Abs. 2 (Pflichtangebot). Diese Pflicht ist stets im Zusammenhang mit den Befreiungsmöglichkeiten gemäß §§ 20, 36, 37 zu sehen.
Die Einführung eines Pflichtangebots war lange Zeit rechtspolitisch umstritten. Teilweise wurde ein Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre in Fällen einer Kontrollerlangung oder eines Kontrollwechsels gänzlich abgelehnt oder auf die unangemessene Verteuerung von Unternehmensübernahmen verwiesen. Manche empfanden eine kapitalmarktrechtliche Angebotspflicht in Deutschland unter anderem deshalb als überflüssig, weil sie den erwünschten Schutz von Inhabern geringfügiger Beteiligungen ausreichend durch das Konzernrecht gewährleistet sahen. Die vielen Defizite des konzernrechtlichen Ausgleichs- und Abfindungssystems konnten aber zu keinem Zeitpunkt eine dem Pflichtangebot adäquate Schutzfunktion entfalten. Unterstellt man mit der überwiegenden Auffassung ein Bedürfnis für einen effektiven Minderheitenschutz, spricht für das Pflichtangebot in seiner konkreten Ausgestaltung aus Kapitalmarktgesichtspunkten schon dessen klare Konzeption. Wer mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an einer Zielgesellschaft erlangt, muss den übrigen Aktionären ihre Aktien zu angemessenen Konditionen abnehmen. Die BaFin kann von diesen Pflichten Befreiungen erteilen. Gerade diese Klarheit ist für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts von essentieller Bedeutung. Ein Schutzsystem, das auf beherrschende Einflüsse oder (möglicherweise qualifiziert) faktische Konzernierungen sowie Nachteilszufügungen abstellt, kann dies nicht leisten.
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