Der Straftatbestand des Verleitens zu Börsenspekulationsgeschäften gemäß §§ 26, 49 BörsG bezweckt den Schutz des unerfahrenen Anlegers vor riskanten Spekulationsgeschäften. Nach einhelliger Auffassung soll die Unerfahrenheit nicht entsprechend der Unerfahrenheit des Wuchertatbestandes gemäß § 291 StGB verstanden werden, sondern nur in einem (engeren) Sinne einer sog. partiellen Unerfahrenheit im Bereich der Börsenspekulationsgeschäfte. Mit anderen Worten schützen die §§ 26, 49 BörsG den Anleger vor den Gefahren des Abschlusses eines Börsenspekulationsgeschäftes, die auch demjenigen drohen, der über eine durchschnittliche Geschäftskenntnis und Lebenserfahrung verfügt.
Das geschützte Rechtsgut ist – anders als in den übrigen Kapitalmarktdelikten – das Vermögen des Anlegers. Da ein Vermögensschaden tatbestandlich nicht vorausgesetzt wird, handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Diese Vorverlagerung des strafrechtlichen Vermögensschutzes wird in der Literatur unter Hinweis auf die steigende Bedeutung der börslichen Komponente der privaten Altersvorsorge ausdrücklich begrüßt.
Der Straftatbestand kann auf eine überraschend lange Tradition zurückblicken, denn schon 1896 war das „Verleiten zu Börsenspekulationsgeschäften unter Ausbeutung der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns“ und damit ein in Kernbereichen ähnliches Verhalten sanktioniert. Im Jahr 1986 kam es zu einer grundlegenden inhaltlichen Umgestaltung des Tatbestandes, der damals noch in § 89 BörsG a.F. normiert war. Das 4. Finanzmarktförderungsgesetz (2002) spaltete § 89 BörsG a.F. lediglich – wie im Nebenstrafrecht verbreitet – in die Verbotsnorm des § 23 BörsG a.F. und die Sanktionsnorm des § 61 BörsG a.F. auf. Seine heutige Nummerierung – §§ 26, 49 BörsG – erhielt der Tatbestand im Zuge des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG). Inhaltliche Änderungen waren mit den beiden zuletzt genannten Gesetzen nicht verbunden.
Lizenz: | Open Access CC BY-NC-ND 4.0 |
ISSN: | 2193-9950 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2012 |
Veröffentlicht: | 2012-06-01 |
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