Handelsunternehmen sind im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass sie Waren einkaufen und ohne Be- oder Verarbeitung weiterverkaufen. Differenziert wird häufig in Bezug auf den Kunden zwischen Großhandel (gewerbliche Kunden) und Einzelhandel (private Kunden) sowie nach dem Ort des Handels zwischen Stationärhandel (in Ladengeschäften) und Distanzhandel (z. B. Katalog oder E-Commerce).
Für ihre Kunden übernehmen Handelsunternehmen drei Kernaufgaben, die sog. Funktionen des Handels:
1. die Überbrückungsfunktion (Raumüberbrückung, Zeitüberbrückung/Lagerhaltung, Lieferanten- und Kundenkredite),
2. die Sortimentsfunktion (Verfügbarkeit eines Sortiments in entsprechender Quantität, Qualität, Sortimentsbreite und -tiefe) und
3. die Informationsfunktion (Markterschließung und Beratung).
In den letzten Jahren hat sich die Wettbewerbssituation für viele Handelsunternehmen verschärft. Dies führte u. a. dazu, dass sich die zeitliche Frequenz für die inhaltliche und preisliche Anpassung der Angebote insbesondere im Distanzhandel dramatisch erhöht hat. Außerdem führt das dynamisch wachsende E-Commerce Geschäft zu neuen Chancen aber auch zu intensivem Wettbewerb.
Für die Interne Revision in Handelsunternehmen stellt die Aufgabe, zu einer guten Corporate Governance beizutragen, oft eine besondere Herausforderung dar. Die aufgrund der sich schnell ändernden Rahmenbedingungen erforderliche Flexibilität und Schnelligkeit im Handel führen häufig zu einer Unternehmenskultur, in der interne Vorgaben und Richtlinien sowie Kontrolle und Überwachung nur auf geringe Akzeptanz stoßen. Dies gilt insbesondere, wenn – wie z. B. in der Otto Group – eine Vertrauensorganisation vorherrscht und der Konzern stark dezentral geführt wird.
Häufig befürchten vor allem die für den Erfolg von Handelsunternehmen wichtigen Bereiche Einkauf und Vertrieb durch Regelungen und Kontrollen Einschränkungen für das operative Geschäft. Aus Revisionssicht besteht jedoch gerade in diesen Bereichen – aufgrund der erheblichen Einkaufsvolumina von Handelswaren bzw. hohen Budgets z. B. für Marketing/Werbung – die Notwendigkeit, eine angemessene Corporate Governance zu gewährleisten. Anzustreben sind daher (Rahmen-)Regelungen und Kontrollsysteme, die die relevanten Risiken wirksam begrenzen, ohne dabei notwendige Freiräume und Flexibilität für die operativen Bereiche über die Maßen einzuschränken.
Im Folgenden soll am Beispiel der weltweit größten Versandhandelsgruppe – der Otto Group – erläutert werden, wie sich die Revision der Herausforderung stellt, zu einer angemessenen Corporate Governance beizutragen.
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