Das berichtet der Informationsdienst des Bundestags (hib). In einer öffentlichen Anhörung reichten demnach die Stellungnahmen der Sachverständigen von einer möglichst detaillierten bis hin zu einer möglichst flexiblen gesetzlichen Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes.
Gemäß EuGH-Urteil müssen die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein System einzuführen, mit dem die geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Auf dieser Grundlage hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Arbeitgeber ein System einführen und anwenden müssen, mit dem Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden erfasst werden.
Eine große Rolle spielte in der Anhörung der gesetzlich nicht definierte Begriff der Vertrauensarbeitszeit. Aus Sicht von Isabel Eder vom Deutschen Gewerkschaftsbund ist diese in der Vergangenheit nur „pervertiert“ angewendet worden, die Beschäftigten seien mit einer Menge an zu bewältigenden Aufgaben alleingelassen worden. Insofern gebe es keinen Regelungsbedarf. Eine enge Auslegung des BAG-Urteils wäre nach Ansicht des DGB wünschenswert. Im Übrigen gebe es bereits jetzt genügend Flexibilisierungsmöglichkeiten im Arbeitszeitgesetz. Der DGB plädierte für die Beibehaltung des Achtstundentags, der von erheblicher Bedeutung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz sei. Er sprach sich ferner für eine Begrenzung der täglichen Höchstarbeitszeit aus.
Dagegen unterstrich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dass der Erhalt der Vertrauensarbeitszeit ein wichtiges Element der betrieblichen Praxis sei. Sie schlug vor, die Höchstarbeitszeit auf die Woche zu verteilen. Das BAG habe die Vertrauensarbeitszeit bestätigt, deshalb sollte daran festgehalten und nicht in Arbeitsverträge eingegriffen werden. Der Arbeitgeber habe nur zu ermöglichen, dass die Arbeitszeit erfasst werden kann. Er sei aber nicht verpflichtet, diese selbst zu erfassen.
Unterschiedliche Sichtweisen gab es auch bei den Jura-Professoren. Gregor Thüsing von der Universität Bonn sprach sich für tarifliche Öffnungsklauseln aus. Der EU-Gesetzgeber gehe von einer Wochen-Höchstarbeitszeit von 48 Stunden aus, kombiniert mit Ruhezeiten sei dies ein genügender Schutz.
Christiane Brors von der Universität Oldenburg sagte, auf Dauer länger als acht Stunden pro Tag zu arbeiten, sei ungesund. Mobiles Arbeiten führe zur Entgrenzung von Arbeit und Freizeit. Die Zunahme von psychischen Erkrankungen zeige, dass ein modernes Arbeitsrecht Begrenzungen brauche.
Thomas Klein von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlands ging auf die Vertrauensarbeitszeit ein, von der nicht klar sei, „was es ist“. Wenn damit gemeint sei, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit selbst festlegen, dann wäre dies nach dem EuGH-Urteil weiterhin möglich. Die Höchstarbeitszeiten dürften jedoch nicht überschritten werden.
Frank Bayreuther von der Universität Passau plädierte für eine klare gesetzliche Vorgabe, dass eine Behörde bei Verstößen ein Bußgeld verlangen kann. Er widersprach der Ansicht, der Arbeitgeber könne selbst entscheiden, ob er von der Arbeitszeiterfassung Gebrauch machen wolle oder nicht.
Video zur Anhörung und die Stellungnahmen der Sachverständigen hat der Bundestag hier veröffentlicht.
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