Denn nachdem der Bundesrat einen vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Hinweisgeberschutz abgelehnt hatte, haben die Koalitionsfraktionen das Vorhaben in zwei Gesetzentwürfe aufgespalten, von denen nach ihrer Auffassung nur einer im Bundesrat zustimmungspflichtig ist. In diesem Verfahren sehen nun einige Sachverständige die Gefahr eines Verfassungskonflikts.
Der neu eingebrachte Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes ist weitgehend identisch mit dem am 16.12.2022 vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf. Allerdings nimmt er ausdrücklich Beamte der Länder und Kommunen aus seinem Anwendungsbereich aus. Dadurch ist nach Einschätzung der einbringenden Koalitionsfraktionen keine Zustimmung des Bundesrats erforderlich. In einem zweiten, zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz wird diese Einschränkung wieder aufgehoben. Dieses Gesetz soll bereits vor dem eigentlichen Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft treten.
In der Anhörung des Rechtsausschusses äußerte der Rechtswissenschaftler Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Bedenken an diesem Vorgehen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht mehrfach die Aufspaltung von Gesetzesvorhaben in einen zustimmungspflichtigen und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil gebilligt, allerdings verlangt, dass eine solche Gestaltung nicht willkürlich oder missbräuchlich sein dürfe. In diesem Punkt bestünden Zweifel, da die Aufteilung in zwei Gesetzesvorhaben nur die Reaktion auf die Verweigerung der Zustimmung zum ersten Entwurf gewesen sei, fasst hib die Stellungnahme zusammen.
Der Münchener Rechtsanwalt Maximilian Degenhart, der Unternehmen und Kommunen in Compliance-Fragen berät, sieht in dem Gesetzentwurf eine wesentliche Verbesserung gegenüber geltendem Recht, heißt es in der hib-Meldung. Der Entwurf beseitige Rechtsunsicherheit für potenziell hinweisgebende Beschäftigte und Beschäftigungsgeber. Aus seiner Praxis könne er berichten, dass Hinweisgebende fast immer etwas an ihrer Arbeitsstelle verbessern wollten und es praktisch keine böswilligen Hinweise gebe.
Jana Wömpner vom Deutschen Gewerkschaftsbund monierte den Angaben zufolge, dass der Gesetzentwurf an verschiedenen Stellen uneindeutige Begriffe wie den „hinreichenden Grund zur Annahme“ enthalte. Damit werde das Ziel verfehlt, Rechtsklarheit zu schaffen. Es bestehe sogar die Gefahr, dass sich die Rechtsposition von Hinweisgebenden verschlechtert. Außerdem blieben verschiedene Regelungen zum Schutz von Hinweisgebenden und zum Schadenersatz hinter der EU-Richtlinie zurück, die mit dem Gesetz umgesetzt werden soll.
Kontrovers wurde in der Anhörung eine vom Rechtsausschuss im Dezember in den damaligen Gesetzentwurf eingefügte und jetzt übernommene Regelung bewertet, dass Hinweisgebende, die auf verfassungsrechtlich bedenkliche Äußerungen von Beamten hinweisen, auch dann unter dem Schutz dieses Gesetzes stehen, wenn die Äußerungen nicht strafrechtlich relevant sind. Rechtsanwalt David Werdemann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte verwies auf die beamtenrechtliche Relevanz und begrüßte die damit geschaffene Möglichkeit, etwa gegen rechtsextreme Äußerungen in geschlossenen Chatgruppen vorzugehen. Andere Sachverständige warnten dagegen vor einer Kollision dieser Bestimmung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung.
Die vollständige hib-Meldung finden Sie hier.
(fab)
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