Der im Oktober vorgelegte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität bewegt die Gemüter. Zwar wird insgesamt gesehen die Zielsetzung unterstützt, eine zeitnahe Umsetzung der vordringlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung und dauerhaften Stärkung des Vertrauens in den deutschen Finanzmarkt zu bewirken. Auch der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) begrüßt den Ansatz des Entwurfs. Während aber zuvor das IDW – nicht ganz unerwartet – einen massiven Eingriff in die Geschäftsmodelle des Berufsstands befürchtete, gehen dem VID die Vorschläge nicht weit genug. Die jetzt veröffentlichte Stellungnahme soll die Wirksamkeit einzelner vorgeschlagener Maßnahmen aus insolvenzrechtlicher Perspektive aufzeigen.
Die Insolvenzverwalter setzen sich insbesondere dafür ein, dass die in § 323 Abs. 2 HGB-E vorgeschlagenen Haftungshöchstgrenzen bei der Prüfung von Kapitalgesellschaften nicht auf „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ beschränkt sein und insgesamt angehoben werden sollten. Auch seien die nun vorgeschlagenen Haftungshöchstgrenzen weiterhin zu niedrig angesetzt: „(Schwerwiegende) Prüffehler von Abschlussprüfern können bei den geprüften Unternehmen bzw. deren Gläubigern (hohe) Schäden verursachen und dazu führen, dass Insolvenzanzeichen zu spät erkannt und rechtzeitige Maßnahmen zur Krisenabwendung oder Restrukturierung unterlassen werden.“ Die Geltendmachung von Ansprüchen durch Insolvenzverwalter sei „insbesondere dann problematisch, wenn der Abschlussprüfer dem insolventen Unternehmen trotz gegenteiliger Umstände ein Testat ohne entsprechende Einschränkungen erteilt“. Dass dabei im Fall eines Streits um ein Fehlverhalten des Abschlussprüfers hohe Schadenssummen keine Einzelfälle sind, zeigen prominente Fälle der jüngeren Vergangenheit, die der VID-Stellungnahme im Einzelnen zu entnehmen sind. Der VID führt zudem aus, dass ausweislich der Entwurfsbegründung die neuen Haftungshöchstgrenzen auch im internationalen Vergleich keinesfalls ungewöhnlich hoch seien und andere Rechtsordnungen überhaupt keine Haftungshöchstgrenzen vorsehen würden.
Außerdem geht der VID darauf ein, dass die höhere Haftungshöchstgrenze des § 323 Abs. 2 Satz 2 HGB-E künftig nicht mehr nur für Aktiengesellschaften gelten soll, deren Aktien zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, sondern auf alle Unternehmen von öffentlichem Interesse angewendet wird. Das wird als Schritt in die richtige Richtung gewertet, gehe jedoch nicht weit genug. Nicht nachvollziehbar sei an dieser Stelle, weshalb davon ausgegangen wird, dass sich (nur) bei Kapitalgesellschaften, die ein Unternehmen von öffentlichem Interesse sind, „ein breiter Kreis von Personen und Einrichtungen auf die Qualität des Abschlussprüfers verlässt.“ Als Beispiel führt der Verband an, dass etwa auch bei der Einwerbung von Mitteln in Milliardenhöhe auf dem grauen Kapitalmarkt häufig mit Testaten von Abschlussprüfern geworben werde.
Hinweis: Hier prallen offenbar Verbandsinteressen konfrontativ aufeinander, denn das IDW hatte mit seiner Stellungnahme schon die bisher im RegE enthaltene Regelung zur Neuregelung der Haftung des Wirtschaftsprüfers bei der Durchführung von Abschlussprüfungen und anderen Dienstleistungen abgelehnt. Die Konzentration im Prüfungsmarkt würde sich erhöhen und „vor allem mittelständische Prüfungspraxen praktisch von der Durchführung von Abschlussprüfungen ausschließen“.
(ESV/fab)
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