Beide Gesetze schreiben im Wesentlichen vor, dass Kapitalgesellschaften mit einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern einen Aufsichtsrat zu bilden und ihn zu einem Drittel oder paritätisch mit Arbeitnehmern zu besetzen haben. Darauf weist das Beratungsunternehmen Rödl & Partner hin. Die Schwelle liegt bei 500 Arbeitnehmern beim Drittelbeteiligungsgesetz und bei 2.000 Arbeitnehmern beim Mitbestimmungsgesetz. In Konzernstrukturen kann es zu einer Zusammenrechnung aller Arbeitnehmer der Konzernunternehmen kommen.
Beide Gesetze sehen keine unmittelbaren Sanktionen vor. Viele Unternehmen haben auch keinen mitbestimmten Aufsichtsrat, obwohl sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Nach Angaben der Hans-Böckler-Stiftung hatten Stand Februar 2020 allein 113 Unternehmen die paritätische Mitbestimmung gemäß Mitbestimmungsgesetz „rechtswidrig ignoriert”. Zugleich wenden laut Hans-Böckler-Stiftung 194 Unternehmen „legale juristische Kniffe” zum Ausschluss der paritätischen Mitbestimmung an. Dabei habe eine Studie ergeben, dass im Recht auf Mitbestimmung ein Standortvorteil liege.
Als ein „Schlupfloch” nennt die Stiftung die Umwandlung in die Europäische Aktiengesellschaft, die „Societas Europaea” (SE). Sie unterfällt aktuell weder dem Drittelbeteiligungsgesetz noch dem Mitbestimmungsgesetz und ermöglicht ein „Einfrieren” des nicht-mitbestimmten Status quo bei einer Umwandlung vor Erreichen der relevanten Schwellenwerte, so Rödl & Partner. Dadurch fänden auch bei einer signifikanten späteren Überschreitung der Arbeitnehmerzahl keine Mitbestimmungsvorschriften Anwendung.
Das OLG München entschied im März 2020 jedoch, dass bei einer Umwandlung in eine SE auf den mitbestimmungsrechtlichen Soll-Zustand abzustellen ist. Unterliegt also ein Unternehmen vor der Umwandlung bereits den Mitbestimmungsvorschriften, weil es die entsprechenden Schwellenwerte überschritten hat, und wendet sie bislang nicht an, so kann der rechtswidrige Ist-Zustand grundsätzlich nicht beibehalten oder gar eingefroren werden. Vielmehr ist eine Korrektur auf den eigentlich anzuwendenden Soll-Zustand vorzunehmen, resümiert Rödl & Partner.
Weitsichtig abgestimmte Arbeitnehmermitbestimmung kann ein Beitrag zu einer guten Unternehmensführung sein.
(ESV/fab)
Compliance-Management im SE-KonzernAutor: Sarah Schwab-JungMit der Europäisierung des Gesellschaftsrechts wurde die Societas Europaea (SE) als attraktive supranationale Rechtsform geschaffen. Doch bergen die oft komplexen, länderübergreifenden Konzerngefüge meist auch stark erhöhte Sanktions- und Reputationsrisiken durch Rechts- und Regelverstöße.
Eine praxisorientierte Analyse und Umsetzungshilfe, die die SE erstmals systematisch aus Compliance-Perspektive ausleuchtet. |
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