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Gesetzentwurf  
08.11.2022

Mitbestimmungsnovelle: Experten sehen Fortschritte

ESV-Redaktion Management und Wirtschaft
Mitbestimmung von Beschäftigten kann sich für Unternehmen stabilisierend auswirken. (Foto: JulianSchäpertöns/stock.adobe.com)
Die Mitbestimmungsnovelle nimmt konkrete Formen an. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie war jetzt Thema einer Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales.

Dabei geht es speziell um die Mitbestimmung der Arbeitnehmenden bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen. Die Sachverständigen bewerteten den Gesetzentwurf überwiegend positiv und brachten Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Mitbestimmung im europäischen Kontext ein. Das berichtet der Informationsdienst des Bundestags (hib).

Hintergrund zum Gesetzentwurf

Mit dem Gesetzentwurf soll eine EU-Richtlinie umgesetzt werden, in der es um Änderungen der Gesellschaftsrichtlinie in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen geht.

  • Artikel 1 des Entwurfs enthält ein neues Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmenden bei grenzüberschreitendem Formwechsel und bei grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG).
  • Artikel 2 ändert das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG).

Das MgFSG soll für die Ausgestaltung der Mitbestimmung in Gesellschaften deutscher Rechtsform, die aus einem grenzüberschreitenden Formwechsel oder einer grenzüberschreitenden Spaltung hervorgehen (Herein-Umwandlung) gelten. Für beides werden Verhandlungen über die Mitbestimmung in einer daraus hervorgehenden Gesellschaft bereits dann erforderlich, wenn eine beteiligte Gesellschaft eine Zahl von Arbeitnehmenden beschäftigt, die mindestens vier Fünfteln des Schwellenwerts entspricht, der die Unternehmensmitbestimmung im EU-Staat des Wegzugs auslöst (Vier-Fünftel-Regelung).

Stellungnahmen aus der Anhörung

Nach Angaben von Rüdiger Sick von der Hans-Böckler-Stiftung hatten sich 2020 mindestens 307 Unternehmen mit jeweils mehr als 2.000 Beschäftigten der paritätischen Mitbestimmung im Aufsichtsrat entzogen oder deren Anwendung gesetzwidrig ignoriert. 113 Unternehmen hätten legale Konstruktionen zur Mitbestimmungsvermeidung gewählt, etwa Stiftungen oder GmbH & Co. KG, 113 weitere die Mitbestimmung rechtswidrig ignoriert, wobei die Frage nach der Compliance zu stellen sei. Vier von fünf Europäischen Gesellschaften (SE) hätten keine paritätische Mitbestimmung.

Missbrauch soll laut MgFSG dann vorliegen, wenn innerhalb von vier Jahren ab Wirksamwerden des grenzüberschreitenden Vorhabens strukturelle Änderungen erfolgen, die bewirken, dass ein Schwellenwert die Mitbestimmungsgesetze im Sitzstaat überschritten wird oder sonst Arbeitnehmenden Mitbestimmungsrechte vorenthalten oder entzogen werden. Jan Grüneberg vom Deutschen Gewerkschaftsbund könnte sich statt vier auch fünf Jahre vorstellen, während Hendrik Otto, Vorstandsmitglied des Hygieneprodukte-Herstellers Wepa, für einen kürzeren Zeitraum plädiert.

Lasse Pütz, Rechtsanwalt der Kölner Kanzlei für Wirtschaftsrecht LLR, betonte, dass die Gewerkschaften informiert werden müssen, mitbestimmungsrechtlich könne man zufrieden sein. Zwar lasse sich fragen, ob die Regelungen zu lückenhaft ist, doch könne die Praxis dies gestalten, etwa beim Anfechtungsverfahren.

Rüdiger Krause vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht der Georg-August-Universität Göttingen meinte, alle Schlupflöcher würden sich nicht schließen lassen. Die neue Missbrauchsregelung hielt er für weiterreichend als das, was bisher im SE-Beteiligungsgesetz geregelt ist.

Um zu verhindern, dass Unternehmen die Rechtsform der SE nutzen, um Mitbestimmung einzufrieren, müsste der EU-Gesetzgeber seine Regelungen ändern, was unwahrscheinlich sei, argumentierte Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn. Das Wachstum einer Gesellschaft oder der Zukauf von Gesellschaften stellten noch keinen Rechtsmissbrauch dar.

Ludger Ramme vom Deutschen Führungskräfteverband monierte, dass leitende Angestellte nicht den Weg in das besondere Verhandlungsgremium fänden, sie seien vom Gesetzgeber aus der Arbeitnehmerschaft herausgelöst worden.

Die vollständige Mitteilung finden Sie hier. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen“ ist hier veröffentlicht.

Auch der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie“ war jetzt Thema einer Anhörung des Rechtsausschusses. Hintergrund: Die EU will die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für EU-Kapitalgesellschaften erleichtern. Dazu wurden Regelungen zur grenzüberschreitenden Firmenfusion novelliert. Außerdem wurden Vorgaben für grenzüberschreitende Spaltungen und Umwandlungen der Rechtsform gemacht. Das Echo auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung fiel überwiegend positiv aus, berichtet hib.

(ESV/fab)

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