Werden an sich lebensfähige Unternehmen in ein Insolvenzverfahren gedrängt, wenn das Auslaufen des gegenwärtig gültigen Überschuldungsbegriffs nicht in den nächsten Monaten noch auf gesetzlichem Wege verhindert wird? Dieses Szenario zeichnet eine Studie, die im Frühjahr 2012 im BMJ-Auftrag an der Universität Mannheim im Auftrag durchgeführt wurde: Drei Viertel der rund 600 befragten Insolvenzverwalter, Sanierungs- und Unternehmensberater, Bankmitarbeiter und Wirtschaftsprüfer sprachen sich dafür aus, eine derzeitige Übergangsregelung in der InsO zu verlängern.
Hintergrund der von Prof. Dr. Georg Bitter mit Hilfe des Forschungsinstituts Hommerich durchgeführten Studie ist, dass im Zuge der Finanzmarktkrise im Herbst 2008 die Pflicht gelockert wurde, in einer Unternehmensschieflage einen Insolvenzantrag zu stellen. Nach der zeitlich begrenzten Neuregelung des Überschuldungsbegriffs müssen Unternehmen, die nicht zahlungsunfähig, sondern nur überschuldet sind, nicht mehr den Gang zum Insolvenzgericht antreten, wenn die Fortführung des Unternehmens den Umständen nach "überwiegend wahrscheinlich" ist (so gem. § 19 InsO mit Geltung vom 18.10.2008 bis zum 31.12.2013).
Die damaligen Marktunsicherheiten halten allerdings die meisten der befragten Experten noch nicht für ausgeräumt. Skeptischer zeigen sich gegenüber einer Verlängerung der gelockerten Gesetzesregelung lediglich die Insolvenzverwalter. Dies könnte Bitter zufolge darauf zurückzuführen sein (so anlässlich der Vorstellung der Kernergebnisse der Studie am 15. Juni 2012 anlässlich des ZIS-Insolvenzrechtstags in Mannheim), dass diese – im Gegensatz zu den anderen befragten Berufsgruppen – vor allem mit Fällen zu tun hätten, in denen die Rettungsbemühungen (fast) gescheitert sind. In den meisten kleinen und mittelgroßen Unternehmen sei die Regelung ohnehin weitgehend unbekannt. Seine Gesprächspartner schätzen, dass Geschäftsleitungen in 80 Prozent der Fälle die Pflicht missachten, eine Überschuldungsbilanz aufzustellen. Dazu passe, dass die wenigsten Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung auf Überschuldung gestützt würden.
Weitere Informationen: Vortragsmanuskript mit wichtigen Eckdaten; Studienbericht
Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern
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