Bei der Eingehung von internationalen Kooperationen sehen sich Unternehmen neuen Bestechungsrisiken ausgesetzt. Laut der Noerr Compliance Group habe die klassische Bestechung ausgedient, neue und subtilere Formen der verdeckten Bestechung seien auf dem Vormarsch.
Beim diesjährigen Noerr Compliance Day mit rund 200 Fachleuten aus dem In- und Ausland standen die vielfältigen Compliance-Risiken in Joint Ventures im Mittelpunkt – und nach dem Iran-Embargo der EU auch drängende Fragen zur Abwicklung von mit iranischen Partnern geschlossenen Verträgen.
Unternehmensbeteiligung statt Schmiergeld: Von den neuen verdeckten Bestechungsformen bei der Gründung von internationalen Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures) berichtete Noerr-Partner und Strafrechtsexperte Dr. Christian Pelz: Vor allem im asiatischen Raum hätten sich demnach regelrechte Ausweichstrategien zur direkten Forderung nach der Zahlung von Schmiergeldern entwickelt. Aktuell größte Gefahr sei der Versuch, während der Verhandlungen über die Gründung eines Joint Ventures, branchenfremde Personen – meist Familienmitglieder der Gegenseite – als Gesellschafter mit kleinen Beteiligungsanteilen aufzunehmen.
Die Gefahren seien nicht zu unterschätzen: Unternehmen, die sich auf derartige Gesellschaftskonstruktionen einlassen, drohen unkalkulierbare Folgeschäden. Das zeige sich meist schon in der täglichen Zusammenarbeit im Joint Venture. Branchenfremde Mini-Teilhaber könnten beispielsweise wichtige Entscheidungen blockieren oder zumindest verzögern. Noch problematischer sei die Beendigung eines derart konstruierten Gemeinschaftsunternehmens - man werde erpressbar, denn strafrechtlich bewerten Gerichte die Aufnahme des branchenfremden Teilhabers ebenso als Bestechung wie eine direkte Schmiergeldzahlung. Die Bitte um Aufnahme erfolge schließlich gerade deswegen, um nicht offen Schmiergeld zu kassieren.
Auf die neue Bedrohung seien dem Strafrechtsexperten zufolge viele Unternehmen nicht vorbereitet. Compliance-Gesichtspunkte blieben bei den Vertragsverhandlungen über ein Joint Venture, aber auch bei M&A-Verhandlungen im Falle von Unternehmensübernahmen, immer noch weitgehend ausgeblendet.
Abwicklung von Iran-Joint Ventures unklar: Neben weiteren Themen sorgten insbesondere kartellrechtliche Probleme in Gemeinschaftsunternehmen sowie das Iran-Embargo der EU für Gesprächsstoff auf dem Compliance Day. Noerr-Partnerin Dr. Bärbel Sachs berichtete von den Problemen bei der Abwicklung von Joint Ventures mit iranischen Partnerunternehmen. „Die betroffenen Unternehmen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen möglichen Schadenersatzforderungen der iranischen Vertragspartner und einem strafrechtlich sanktionierten Embargo der EU", sagte die Expertin für Außenwirtschaftsrecht. Die Embargo-Vorschriften lassen nicht immer klar erkennen, wo die Grenze zwischen erlaubtem Geschäft und strafrechtlich relevantem Verhalten verläuft.
Kartellbehörden nehmen Joint Ventures verstärkt ins Visier: Aber auch das Kartellrecht spielt bei Joint Ventures unter Compliance-Aspekten eine immer wichtigere Rolle, vor allem wenn es um die Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern geht. „Risiken gibt es in allen Phasen der Kooperation, von der Gründung bis zum laufenden Betrieb", betonte der Noerr-Kartellrechtsexperte Dr. Alexander Birnstiel in seinem Vortrag. Die bisherige stiefmütterliche Behandlung kartellrechtlicher Fragen bei der Gründung neuer Joint Ventures sei wegen der Haftungsrisiken für beteiligte Vorstände besonders gefährlich. Auch schauten nationale Kartellbehörden und die Europäische Kommission bei Joint Venture-Gründungen gerade in letzter Zeit sehr genau darauf, ob durch Kooperationen der Wettbewerb auf den betroffenen Märkten eingeschränkt werde – und untersagten die Zusammenarbeit konsequent. Von der Transaktionsplanung bis zum Deal-Closing, aber auch darüber hinaus, empfahl Birnstiel deshalb für Joint Venture-Gründungen ein durchgehendes Kartellrechts-Screening.
Weitere Informationen: Noerr
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